3 Wochen mit Threads

Erstmal ein für deutsch Sprachgewohnteiten ziemlich ungünstiger Name, der entweder sehr feucht oder schneidend „TZZREDZZ“ ausgesprochen werden wird. Für alle die nicht wissen was Threads ist, was bisher geschah:

Es handelt sich um einen Kurzmitteilungsdienst, auch Microblogging genannt, aus dem Hause Meta, zu dem auch Facebook, Instagram und Whatsapp gehören. In gewisser Weise ähnelt es Twitter, das viele nach Elon Musk‘s Übernahme und einhergehender Änderungen entweder ruhen oder, wie auch ich, verlassen haben. In einer ersten Welle flüchteten viele auf Mastodon, in einer zweiten kleineren Welle zu Bluesky, das bislang nur via Invite zugänglich ist und umso gespannter erwarteten wohl viele die dritte Alternative des zum digitalen Mordor gewordenen Originals. Meta hatte zwar schon im Vorfeld angekündigt, das Threads nicht unbedingt eine News- und Politschleuder werden sollte. Ob geplant oder nicht, war es jedoch von Meta ein ziemlich cleverer Schachzug Threads 2 Wochen vor Weihnachten für den europäischen Raum zu öffnen und ebenso clever mit Instagramn zu verbinden. Man konnte seine Follower von Insta gleich mitnehmen, mußte nicht erst mühsam rumsuchen und hatte instant ein Bündel der Personen im Feed, denen man schon auf Instagram folgte. 
Was für die einen ein Segen, ist für die anderen ein Fluch, jenen die lediglich einen Twitterersatz suchten und nun im weißen Rauschen der Instagrammer untergingen konnte man infolge Enttäuschung bis Entsetzen zunehmend nachspüren. Der standardmäßig eingestellte „Für dich“ Feed spülte einem Influencer, Models,Coaches, Finanzgurus und ähnlich fragwürdiges Zeug was sich so nennt, das sich nunmal auf Instagram tummelt, mit Followerzahlen die man selbst auf Twitter nicht hatte, um die Ohren und die erlernten Twitterrituale klappten nicht mehr. 40-50 jährige echauffieren sich das die Generation unter ihnen im Grunde genauso blöd sind wie sie es in dem Alter waren und jede Interaktion machte die Sache schlimmer, da der Algorithmus nunmal so funktioniert. Da dachte man wohl man kommt breitbeinig von Twitter rein und hat quasi qua Gesetz die Meinungsführerschaft und Status gepachtet aber kam halt anders und die Schnappatmung, bei einigen war fast hörbar. Ein echter Culture Clash zum anschauen. Politik ist hier tatsächlich für einen großen Teil bestenfalls sekundär und trotzdem überwiegend erfreulich anti AFD, stattdessen spricht man sich mit Mausi an und wälzt Allerweltsprobleme von „Wenn mein Lehrer, der mir keine Zukunft vorausgesagt hatte, jetzt meine Followerzahlen sehen könnte!“ bis zu„Tanga zur Seite schieben oder ausziehen?“. Andererseits kann man den Algorithmus aber auch mittels Interaktion mit den eigenen Themen, Blocken und Muten sehr gut trainieren, so das man mit der Zeit immer weniger aus den merkwürdigen Bubbles zu lesen präsentiert bekommt.
Ich sagte es bereits aber mal andersrum, was für den einen Fluch ist für den anderen Segen und so ist meine Experience eine ganz andere. Da ich auf Instagram sowieso schon hauptsächlich mit Künstlern connected bin, ergab sich für mich ein komplett anderes Bild, im Gegensatz zu allen anderen Plattformen sprechen hier plötzlich Artists, ob groß oder klein, völlig unhierarchisch und konstruktiv miteinander, habe ich so in der Form noch nicht erlebt. Aber auch den Blick in die anderen Bubbles fand ich jetzt nicht immer so katastrophal, sondern eher so wie man sich das für SOCIAL Media eigentlich vorstellt, man erhält einen Einblick in Teile der Gesellschaft mit denen man so eigentlich nichts zu tun hat und auch da finden sich Perlen, so wie das bei Twitter am Anfang ähnlich war, nur das es halt lediglich eine spezielle Kohorte anzog, während Threads nun, im Gegensatz zu den beiden anderen Alternativen, die Einstiegshürde quasi auf Null legt und ganz andere Schichten dazu einlädt sich mit Kurznachrichten zu befassen und auf ihre Weise zu experimentieren.
Ich sage Mal das Experiment ist noch nicht zuende, entwickelt sich für mich aber bislang ganz gut. Ich bin gespannt auf die versprochene Activity Pub Anbindung zu z.B. Mastodon. Bluesky hingegen wird wohl langfristig die Politik und News Bubble werden, wenn überhaupt, dafür geht die Entwicklung dort leider nur sehr schleppend voran und liegt featuremäßig mittlerweile gegen die Mitbewerber ganz weit hinten. Plötzlich wieder spannende Zeiten im Social Media Game, finde ich auf jeden Fall gut, endlich passiert da mal wieder was.

6 thoughts on “3 Wochen mit Threads”

  1. Ich verstehe die Probleme mit Twitter nicht. Klar gibts da ne Menge Müll. So ist halt das Leben. Den Müll muss man aber nicht lesen. Die Abneigung gegenüber Twitter ist auch nur so ein Hype von irgendwelchen selbsternannten Tugendwächtern, die ein Problem mit Musk haben. Kindisch.

    Eine digitale Wagenburg wie Mastodon, wo sich jede Gruppe ihr ganz eigenes Bullerbü aufbaut, wäre für mich auf jeden Fall nichts.

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