Jetzt, Anfang Dezember, ist es, denke ich, durchaus möglich das Jahr 2025 schonmal rekapitulieren zu können. Am auffälligsten für mich war, wie wenig neue Tracks es in meine Playlisten geschafft haben, von daher sicherlich eins der langweiligsten Technojahre bisher. Das meiste was ich bei meinem fast täglichen, ich nenne es mal Tracktindern, auf den diversen Plattformen vorfand mag zwar super produziert sein, stellt aber meist nur eine Pflichterfüllung in Genrekonformität dar. Das was für mich aber Techno ausmacht, die Kür, Grenzen ausloten oder vergessenes wieder hervorzuholen, fand m.E. eher selten statt. Stattdessen viel halbfertiges, dafür aber mit Modular, was anscheinend den Release schon rechtfertigt, jeder zweite Bigroom Track nutzt irgendwo diese Screech 303 bis zum erbrechen und von Hardtechno fange ich gar nicht erst an, der befindet sich zunehmend an der Schwelle zu Infantilität und wer das schon mit Gabber und Schranz miterlebt hat, ist jetzt weniger davon überrascht, denn gelangweilt. Ich gönn’s der Jugend ja durchaus, aber sorry da bin ich dann raus, Wiederholungen brauche ich auch hier nicht unbedingt, laaangweilig.
Nach einer Stunde Techno Tracksuche gönne ich mir deshalb wieder oft dasselbe in anderen Genres und muss feststellen das es da meist nicht besser aussieht, aber zumindest immer ein paar herausragende Ideen oder Sounds zu finden sind.
Damit will ich nicht sagen das nichts gescheites mehr kommt, noch den grumpy old man raushängen lassen, der alles neue verdammt, noch das hier ein Generationenkonflikt in Sachen Produktion vorliegt, dafür gäbe es sowohl bei Sets, als auch Produktionen eine Menge Gegenbeispiele, um hier nur mal die Spandau 20 Posse um Fjaak und Elli Acula zu nennen. Und wo wir schon bei Sets sind, war das herausragende für mich bereits im Februar, ausgerechnet bei Boilerroom, das von ¥ØU$UK€ ¥UK1MAT$U, dessen Geschichte auch nachschauenswert ist.
Ausgerechnet Boilerroom deshalb, weil diese einstige Institution gerade imagemäßig den Weg geht, den die Red Bull Academy vorher schon ging . Erst kam die Übernahme von Superstruct einer Unterabteilung von KKR, welche vornehmlich wegen Ihres Involvements in Israelische Militär- und Überwachungstechnik kritisiert wird, mir hätte es aber schon gereicht, wenn man sich anschaut wie KKR z.B. via Beteiligung an Springer (Bild, Welt) die Meinung zu ihren Investments in fossile Energien manipuliert. Am Ende des Lieds steht dann, wie immer, Entlassungen, angekündigt sind zweistellige Zahlen darunter eben auch jene Mitarbeiter die Boiler Room groß gemacht haben.
Und trotz des vermutlichen zuznehmendenRelevanzverlusts von Boiler Room, haben sie es doch tatsächlich geschafft, das Phänomen Boiler Room Stage in Clubs zu installieren. Ich selbst bin noch nicht zum Vergnügen gekommen auf einer solchen spielen zu müssen, habe aber im Gespräch mit Clubbetreibern und Veranstaltern oft zu hören bekommen „Wir haben jetzt umgebaut, das DJ Pult steht jetzt in der Mitte des Raums“, also die Boiler Room Stage. Ich will das gar nicht werten, das DJ Pult hat ja nun schon oft den Ort gewechselt, von gar nicht gesehen werden, wie z.B. in den 80ern im Dschungel, zur Ecke neben dem Dancefllor, bis zentral vor dem Dancefloor und jetzt eben in dessen Mitte. Ich befürchte nur es hat keinen praktischen Zweck außer das es instamäßiger kommt, so wie jedesmal nach dem Wochenende wenn ich meinen Instagramstream durchscrolle und die immergleichen Bilder mit wechselnden Akteuren sehe: Der Messias DJ in der Mitte, darum Gewusel und rechts und links neben ihm irgendwelche Mädels die ihn tanzend anhimmeln. Vermutlich sorgen dann auch genau diese Bilder dafür, das heute jeder wieder DJ werden will, das altbekannte aufsteigen der sozialen Leiter wegen der Bitches.
Leider muss man auch konstatieren, das 2025 der Club weiterhin an Bedeutung verlor und die Festivalisierung zugenommen hat, was in meinen Augen dafür sorgt, das wir diese Spirale in den nächsten Jahren weiter sehen werden. Dabei ist es nichtmal die Schuld der Clubs, die oft mit dem Rücken zur Wand stehen und sich die Gagen der Headliner nicht mehr leisten können. Zudem hat m.E. der Club ebenso darunter gelitten, das die Kosten für alle, und das nicht nur im Clubkontext, gestiegen sind, wer geht heute schon noch in 3 Clubs an einem Wochenende, mal abgesehen davon, das die nachwachsende Generation gar nicht so clubaffin ist. Die Rettung für viele Clubs ist daher nicht mehr selbst zu veranstalten, sondern wechselnde Kollektive oder Veranstalter die Nächte per Vermietung gestalten zu lassen, da ist man fein raus, trägt weniger Risiko und spart sich auch noch den Booker. Kehrseite der Medallie ist, der Club ist kein zweites Zuhause mehr, die Loyalität zu Location schwindet und Clubs werden austauschbar. Große Clubs wie RSO oder Sisyphos haben die Möglichkeit diese Festivalisierung mit 2-3 Tage Events einigermaßen aufzufangen, aber der reguläre kleine Club schaut dabei ziemlich in die Röhre und genau hier sind mal die neuen Impulse gestartet. Trotzdem hört man immer wieder von Club Neueröffnungen, auch in ländlicheren Gebieten, so das man die Hoffnung nicht ganz aufgeben sollte, sondern vielleicht nur eine gewiss schwere Phase überwinden muss.
Kann sein, das dazu das zugehörige Zeitfenster auch noch gar nicht offen ist, mir kommt es oft so vor, als würde Neues gerade auch gar nicht so gerne goutiert werden, jedes Genre für sich begnügt sich gerade mit dem was ich oben als Pflicht beschrieb, die Kür, oder auch das wechseln der Genres an einem Abend oder gar innerhalb eines Sets kommt eher nicht so gut an, diese Art des Konservatismus ist wohl auch dem geschuldet, das Techno nun schon fast 40 Jahre auf dem Buckel hat und mir so mancher Act darin vorkommt wie ein Shakin Stevens in den 80ern, der den Rock’n Roll, völlig aus der Zeit gefallen, aber zeitgemäß, kopiert.
Ich weiß jetzt nicht inwieweit das zum Standard gewordene Setup aus 2-4 x CDJ und Mixer für eine solche Standardisierung der Sets mitverantwortlich ist, aber ich fand die Zeit in der diverse mutige Setups, sei es Laptop mit Controller oder sonstigen kurzwährenden Innovationen wie Pacemaker, ebenso in DJ Booths vorzufinden waren, innovativer, auch wenn sie der Alptraum jedes Nachttechnikers waren und oft auch für den DJ dem mit Verkabelung ins Set gegriffen wurde. Klar, am Ende kam auch immer nur ein Set mit Musik raus und die Möglichkeiten heute sind noch viel mannigfaltiger, was nicht heißen soll, das man mit einem Standard Setup nicht auch innovativ arbeiten könnte, auch das wird ja wöchentlich bewiesen, aber vielleicht brächte solch eine Durchbrechung auch mal wieder was anderes als das altbekannte. Ich z.B. mixe privat am liebsten mit iPad und Algoriddim DJ Pro, weil man hier mit dem Crossfader, neben Effekten zur Transition, auch noch die Möglichkeit hat, das sich die BPMs beim rüberziehen angleichen, von 135 BPM auf 150 BPM zu wechseln stellt somit in der Transition kein Problem mehr dar, womit der Genrewechsel leicht gemacht wird.
Ich möchte hier jetzt gar nicht mit einem Fazit, sondern eher mit einer Bitte enden, nämlich das sich alle mal wieder etwas offener zeigen sollten, für das Neue, für das Junge, das Alte, das Andere, denn solange man sich immer nur an das bewährte hält wird es langweilig bleiben.
Um das Ganze aber positiv zu beenden, ein paar Artists die ich 2025 gern und oft gespielt habe, in no particular oder:
TineX
Maraxe
Clouds
Fear-E
Fjaak
New Frames
Push
Acerbic
Umwelt
Introversion
Thomas Krome
Lars Huismann
Deas

Sehr interessant und natürlich logisch wie Geschmäcker und Ansichten auseinander gehen.
Ich habe mir 2025 bis jetzt 462 Tracks gekauft*. Ein paar waren mal wieder doppelt.🤦🏼♂️ So 4 oder 5.
Das spricht für diese Titel.😆
Meine Routine ist das ich täglich auf ausschließlich Beatport, in den Genres Hard, Peak und Raw suche.
Ich grenze die Suche ein indem ich nur die Tracks zwischen 138-150 bzw. 69-75 (for those who knows) BPM anhöre.
Bei Peaktime kann man auch bei Gewissen ‚Label’s‘ und Covers getrost weiter scrollen. Das erspart einem einiges.🙉
Das ergibt dann ein Bild das es wenige doppelten Künstler bei mir gibt.
Ich folge auch keinem Label, keinen Artist und Charts und Playlisten beachte ich gar nicht.
Von den von dir genannten Namen habe ich glaube ich auch von jedem eins.
*Und das obwohl ich nirgends auflege und auch sonst meine Sets online bisweilen 0 Hörer haben.😆
Was absolut ok ist.
Ich mache die Mixe für mich. Der Moment wenn ich die volle Pulle entweder auf Kopfhörer oder im Auto höre ist es für mich.
Wenn ich dann denke, ‚Was’n Brett!!!‘ bin ich happy.✌🏼
Gruß André
Beatport kommt bei mir zwar auch vor, aber Bandcamp und Juno nehme ich natürlich traditionell auch mit, dazu noch 2 halbwegs okaye Promopools. Wieviel ich jetzt dieses Jahr gekauft habe weiß ich gar nicht, aber das splittet sich dann ja eh in diverse Genres auf
Der Vollständigkeit halber noch ein paar bekannte Namen bei denen ich mich 2025 gefreut habe neue Releases zu hören.
Perc
Ethan Fawkes
Randomer
BLOODMAGICK
Franzi.er
Millhouse
Matasism
Obscure Shape
EAS
da bin ich ganz bei dir, habe nur die aufgezählt, die mir sofort in den Kopp kamen
Zum Thema Boiler Room und Setup habe ich noch diesen Nachtrag.
Perc hat ja auch ein sehr fettes Set auf einer ähnlichen Plattform abgeliefert.
Auf Tech House ist immer Verlass.
really? Für mich das most boring und brävste Genre der letzten Jahre