Jahresrückblick 2015


rgendwie läuft mein Leben antizyklisch, umso beschissener es auf der Welt aussieht, desto besser läuft’s bei mir, so auch dieses Jahr. Ich weiß gar nicht wo ich da anfangen soll, während Griechen darben, Pegida Ziegen so laut blöken, das sie im Rausch der Lautheit dem Größenewahn verfallen das Volk zu sein und alles anzünden wollen was ihnen nicht in den Kram paßt, eine IS den arabischen Mad Max in Real Life probt, lief es bei mir eigentlich recht super.

Ich hatte einen der entspanntesten und superbsten Sommer meines Lebens und hechtete nur wahlweise von Garten 1 oder Garten 2 zu den Gigs, die nicht minder fantastisch waren. Es gab wirklich nicht einen Gig, wo ich mir danach gesagt hätte, hätte man sich auch sparen können, trotzdem stach wohl der auf der Fusion am weitesten heraus. Nicht nur weil ich direkt vom sonnigen Urlaub an der polnischen Ostsee quasi direkt auf’s Gelände purzelte, sondern eben auch weil das auf der Turmbühne so mit dem Techno lief, wie ich es gar nicht erwartet hätte, ich hatte ja extra noch ein etwas braveres Set vorbereitet, das es aber gar nicht brauchte.
Aber auch der Rest der Feste, und da gab es ja dieses Jahr erfreulich viele, sei es Indoor oder Outdoor, seien es meine Residencies im Suicide, Tresor oder Kitkat, oder die vielen Auswärtsgigs die es für mich 2015 gab, oder solche One Offs wie dieser Kopfhörerrave am Spreeufer, oder auch so Gigs in kleinem Rahmen, wo man vielleicht nur 50-150 Leute glücklich macht, die aber so richtig, oder letztens erst meine Boilerroom Premiere. Kurz ich hatte diesbezüglich dieses Jahr wirklich keinen Grund zur Klage


Techno macht auch wirklich wieder Spaß, die Perlen sind zwar selten, wie immer, aber dafür, wie soll ich sagen, breitbandiger akzeptiert, die Spanne dessen was ich in meinen Sets verbraten konnte reichte ja wirklich von Retro über Dancemania inspiriertem über chordiges bis zu dem was nicht wirklich in Genres zu packen ist und gern mit Future House oder Wobble House umschrieben wird. Von daher war es auch leicht verschmerzbar, das der Desastronaut dieses Jahr wieder mal ein bisschen unterging. Immerhin, es gab einige Situationen, in denen ich ihn hervorholen konnte und das mache ich nach wie vor gerne.

Outstanding Artists für mich dieses Jahr:
Kink: den ich für seine Livesets sehr liebe. Für den müßte eigens ein eienes Format gefunden werden, denn das was er released kommt nicht im mindesten an das ran was er live abfeuert.
Slam: was haben diese Veteranen geliefert dieses Jahr, seien es eigene Tracks oder Remixe, was auch immer es war, es war eine Bombe.
Dax J: Der Mann kann nicht nur hart, sondern hat die Technogeschichte auch mit Löffeln gefressen, wie er immer wieder unter Beweis stellt, einer der wenigen von dem ich jeden Release auch ungehört kaufen würde.
Special Request: Paul Woolford unter seinem Alias Special Request hat mit seinem Minialbum Modern Warfare für mich vielleicht das Album des Jahres hingelegt, mich aber auch mit fast jeden Remix erfreut. Diese Oldschool mit neuesten Mitteln dürfte gerne Schule machen.
Chambray: Die meisten Tracks, die ich in meinen Sets von ihm spielte, stammen zwar schon aus 2014, aber zusammen mit seinem Oevre aus 2015 waren das wohl die Tracks auf die sich alle einigen konnten, überall. Die Mischung aus Dance Mania, Rave und Piano auf Steroiden drückte für mich die neuerliche Akzeptanz der mittlerweile auch schon fast 30 Jahre umfassenden Geschichte unserer elektronischen Musik vielleicht am besten aus.
Luca Lozano, DJ Fett Burger, DJ Haus: diese drei schreiben die Geschichte des Frühtechno mit einer Bravour weiter, die mir mir sehr viel Spaß macht. Reminiszenzen und Zitate findet man heute ja zuhauf, aber hier klingt auch die Unbekümmertheit und einfach drauf los Mentalität wieder zurück in die Tracks.

Dieses Blog litt derweil etwas unter der Wucht des musikalischen Ansturms, ich hätte gerne mehr geschrieben und gepostet, allein es fehlte an der Zeit und der Muße, manchmal auch an der Lust, wenn man sich seinen RSS Feed anschaut und sich denkt, jetzt ist dazu schon alles gesagt, aber halt noch nicht von jedem. Politisch werden ist in diesen Zeiten mit einem gehörigen Rattenschwanz verbunden, bei dem ich schon die Traute hätte mich dem zu stellen, andererseits aber auch denke, diesen Deppen, die dann unweigerlich auf der Matte stehen, auch noch teure Lebenszeit in Moderation und Löschen zu investieren, während ich die Zeit besser in die Aufzucht des Sohnes und angenehmer mit der Familie verbringen könnte? Ihr ahnt in welche Richtung da das Pendel schwenkt, auch wenn ich oft ein schlechtes Gewissen dabei habe. Ich lasse das daher meist bei Twitter oder Facebook bewenden, wo die Freundeslisten mittlerweile so gut sortiert sind, das zwar ab und an immer noch unerfreuliche Überraschungen passieren, aber sie verschwinden eben auch schnell in den Orkus der Massenposterei, was ja auch eigentlich ganz richtig ist für die schnelle Wisch und Weg Tagesmeldung.
Ich fühle mich diesbezüglich ziemlich gesegnet, das die Diskussionen auf Facebook bei mir einigermaßen zivilisiert ablaufen, so das jeder sein Gesicht wahrt und auch bei Meinungsexzessen eigentlich keiner so über die Stränge schlägt wie ich das andernorts des öfteren kopfschüttelnd beobachten kann. Wobei man sich ja schon fragt was da eigentlich passiert ist, wenn Leute die durch Techno sozialisiert wurden plötzlich „Ich bin ja kein, aber…“ Menschen werden. Obwohl, geahnt hat man es bei so manchem ja schon, simple Gemüter hatten schon immer den Hang zu simplen Lösungen, egal woher die kommen.
Was mich allerdings ebenso befremdet ist oftmals die andere Seite, deren ganzer Lebens Postingzweck darin zu bestehen scheint, sich durch diese Scheiße zu wühlen und anzuprangern, richtig zu stellen und sich plakativ auf die richtige Seite zu stellen und in Wünschen und Verdammungen aber oftmals auch ganz nah an der Seite sind die man so verachtet . Ich möchte das gerne mit einem Tweet von Sibylle Berg kommentieren:
Der Kampf gegen irgendetwas ist vielen Lebensinhalt geworden. Da wo vorher Leere war, sind jetzt so angenehme Gefühle. Endlich ein Sinn
— sibylle berg (@SibylleBerg) 30. Dezember 2015

That beeing said, so wichtig mir die eingangs erwähnten Dinge sind, nichts geht mir über meine Familie und meine Vaterrolle. Daher ein paar private Kennzahlen:
11 Jahre Beziehung
7 Jahre verheiratet
5 Jahre Vater
4 Jahre rauchfrei
3 Jahre fast auf dem Land wohnen
11606 Schritte pro Tag im Jahresdurchschnitt
An Silvester machte ich die letzte Hunderunde spät abends mit Stirnlampe durch unser übliches Gebiet, in zenartiger Ruhe vorbei an Feldern und Wiesen, gesäumt durch Kanäle und Bäche. In der Ferne flogen die Raketen, es krachte und blitzte und es kam mir vor wie die beste Analogie zu unserem Leben hier draußen und zu meinem 2015.
Ich wünsche euch allen ein so tolles 2016 wie es mein 2015 war und hoffe man sieht sich.

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