
vor 33 Jahren,1992, als ich das Wort Breakcore erfand und die ersten Breakbeatparties in Berlin veranstaltete. Ich möchte nicht verantwortlich gemacht werden!
Transscript:
Breakcore
Dieser Sommer stand, zumindest in Berlin, ganz im Zeichen des Breakbeats. Während in England die gesamte Schreiberszene mitlerweile die Nase über beschleunigte Hip Hop Beats mit hingestreuten Piepsvocals und sonstigem Nonsens rümpft, geht es in hiesigen Clubs erst richtig ab wenn Force Mass Motion, Altern 8 oder Homeboy, Hippie and a Funky Dread auf dem Tellern liegt.
Haben wir dummen Deutschen jetzt schon wieder mal einen Trend zu spät erkannt oder fällt uns gar, die wir so stolz auf unser Eigengebräu Namens Techno waren, so wenig neues zum eigenen Thema ein das wir uns schon wieder auf die verhassten Popimperialisten aus U.K. verlassen müssen? Ehrlich gesagt ist mir das alles scheißegal solange die Party abgeht, und um Party sollte es eigentlich gehen, Partymusik in Reinkultur sind nunmal viele der Breakbeatbretter. Es gibt in dieser Sparte der Musik keine Kategorien und ver- bindlichen Formeln die einen Track gut oder schlecht machen, entweder man findet die Mucke geil oder man haßt dieses hysterische zusammenklauen und zerhackstückeln ehemals „guter Musik“. Aber eben darum geht es ja, zumin- dest für mich. Wenn man z.B. einem eingefleischten Houser zuhört was er an House gut findet bekommt man Kategorien wie „damals Trax Rec. 87/88, als House noch experimentell war“ oder „909 macht den Groove und im Sound muss etwas warmes sein, hör dir mal Platten aus Chicago oder Detroit an“ fragt man einen Technoiden klingt’s vielleicht nicht ganz so Wertekonservativ aber man kann es im Großen und Ganzen mit „schneller, lauter, härter“ zusammenfassen und bei mehr tran(c)igen Gemütern soll die Musik halt „schön, positiv und nicht so hart sein“, , ganz finster wird es bei jenen,ich will sie mal nett als Nostalgiker bezeichnen, die es „so wie im Planet/Omen etc., etc (ask your local audience)“wollen und über jene die zum Wahren Guten und Schönen wie Acid Jazz, Garage und NeoDisco gefun- den haben rede ich garnicht. Machen wir uns also nix vor, Techno/House hat mittlerweile genauso Kategorien, Schemata, Gesichter und Stars, also Klischees, wie jede andere Musik auch, nur das eben unsere Musik angetreten ist ebendiese auszumerzen. Hat also Techno versagt? Nee, anstatt weiterzumachen wie bisher, gönnt man halt den gängigen Kategorien eine gewisse Ruhepause und greift halt zu dem, was frisch und unver- braucht daherkommt, was für meine Ohren (und der explosionsartige Ausstoß scheint’s zu bestätigen) eben Breakbeats sind. Das selbstverzehrende Suchen nach immer neuen Sounds, immer weiterer Abstraktion usw. wird lächerlich, wenn es nur noch als Selbstzweck funktioniert. das soll jetzt natürlich nicht heißen das man nur noch Breakbeats spielen soll, gerade in den letzten Wochen passiert ja gerade im Hartcorebe- reich so einiges (Sperminator, Reaction Rec., Thunderpussy Rec. und bei diversen deutschen und belgischen Labels kann man sich auf einen heißen Herbst gefasst machen!), aber es kann nicht mehr Sinn der Sache sein den ganzen Abend ein Brett an’s andere zu nageln oder die Leute die ganze Nacht am schweben zu halten. Dadurch das eben die bekannten Stile durch die eingeschliffenen Kategorien eine unterschwellige Ernsthaftigkeit bekommen haben kommt eine Auflockerung durch solch eine hemmungslos lockere Mucke wie Breakbeats wie eine Befreiung.
Sicherlich, Breakbeats sind nix Neues, die gibt’s bestimmt schon seit die Briten House entdeckt haben, und bestimmt werden mir einige mein Genörgel über Breakbeats in früheren Frontpages vorhalten, aber dazu muß ich sagen, das eben auch Breakbeats sich weiterentwickelt haben, aus der britischen
Ravepopversion ist in vielen Bereichen echter Underground geworden, was mal was anderes ist, aus Overground wurde Underground, wer’s bezweifelt sollte mal SL 2 mit, sagen wir mal, Tripnotic oder, vielleicht einfacher zu besorgen, irgendeiner Ibiza Rec. und daher werde ich auch weiterhin
über Breakbeats herziehen, die ohne Ecken und Kanten auf Hit produziert
wurden, wie man’s ja in anderen Sparten auch tut.
Wenn ich aber merke das da ein Track daherkommt der zwar mit einem Breakbeat daher kommt, im Grunde aber nix anderes ist als Hartcore (z.B. Homeboy Hippie and Funky Dread Turbulence Remix) oder gute Trance (z.B. die neue Synkosis 451E.P.) oder eben einfach nur experimentiert (z.B. Basement Rec.) und eben anstatt einem straighten Bumm Zack Beat einen Breakbeat hat, wäre ich doch blöd den Track, bloß weil der Beat ein anderer ist, schlechter zu finden. Einfach gesagt: Bloß weil da ein Rhythmus drin ist der an „Raving I’m Raving“ erinnert ist’s noch lange nicht „Raving I’m Raving“. Sicherlich gibt es in der Sparte auch eine Menge Tracks die mit Ravesignalen arbeiten, die, wie „Raving I’m Raving“ funktionieren und genau da wird es dann auch zweifelhaft, wenn man zum tausendsten Mal hochgepitchte Minderjährigengesänge hört, hat man’s irgendwann mal satt, aber auch hier gibt’s unter 456 miesen Beispielen auch mal ein gutes, im Moment ist das z.B. Yolk’s „Music 4 Da People“ , das diesen Pitchgesang eben mal so einsetzt wie er wohl ursprünglich mal gedacht war, da wird ein Hartcorepart, auf den Mr. Beltram stolz sein könnte, von einem Piano + Lala Part abgelöst um wieder Hartcore zu werden, nix von wegen gefällig und anbiedernd, sondern einfach nur gut, weil wieder mal eine Grenze mit Bravour überschritten wurde. Wie schon oben angeschnitten werden unsere schlauesten Trendpharisäer nun bemerken das das Ding ja in old U.K. schon abgegessen ist und man wiedermal hoffnungslos hinterher hinkt, mag ja schon sein, aber erstens ist’s schnurz ob man einem Trend hinterherhinkt oder vorneweg ist solange die Musik gefällt. Zweitens habe ich bis jetzt zumindest in kontinentalen Gefilden nicht bemerkt, das diese Variante Breakbeats, die eben viel facettenreicher ist als das, was bis vor ca. einem halben Jahr in diesem Bereich passiert ist, erwähnenswerte Beachtung gefunden hätte. Drittens, wie kann eine Musik, in der so viel passiert überhaupt abgegessen sein? (die Leute, die sie für tot erklären, sind genau die Sorte miese Typen, die hierzulande seit Monaten vom großen Technotod erzählen).