Tourbericht Mayday + Set

Um es gleich vorweg zu nehmen, weil ich von diversen Ecken zu hören bekam „Tanith auf der Mayday? Hä? Hab ich da was verpaßt?“ Ja, hat man, wie man hier lesen kann. Verpaßt hat man dann dieses und jenes.
Man lädt mich also ab und an mal auf ein Jubiläum ein und ich finde das nach wie vor eine feine Geste.
Auch vorweg nehmen kann ich gleich, das ich kaum andere Acts bewußt wahrnehmen konnte, dazu war die Zeit zu knapp

ich kam um 23:00 an und war bereits um 0:00 zur offiziellen Mayday Pressekonferenz mit Oliver Vordemvenne von iMotion, als auch mit Moguai und Tom Novy, geladen, bei der ich sowas wie das lebende Fossil darstellte, das bereits bei der ersten Mayday dabei war. Der einzige andere der aus der Zeit noch übrig und gebucht war, war Sven Väth und der legte zu dem Zeitpunkt gerade auf. Die Stunde dazwischen verbrachte man in alter Mayday Manier damit, im Catering Raum abzuhängen und abzuwarten wer so alles angespült wird. Das war schon früher immer ein lustiges Kommen und Gehen mit völlig eratischen Gesprächsmomenten und zumindest diesbezüglich hat sich da nichts geändert. Das schöne dabei ist das man auf viele Kollegen trifft mit denen man vielleicht musikalisch nicht viel teilt, aber die Erfahrungen aus jahre-, oft jahrzentelange Zugehörigkeit zu diesem doch oft sehr seltsamen Ravezirkus bilden nunmal Gemeinsamkeiten, die über das musikalische hinaus gehen. Musik verbindet, Erlebtes tut’s aber zur Not auch.

Bis dahin war ich noch nicht einmal im nahegelegenen Hotel, mußte ich aber noch, denn für das 25 jährige Bestehen der Mayday hatte ich mir überlegt mal wieder Tarn überzuziehen. Dies wurde dadurch bestärkt, das ich angefragt wurde, ob ich für die Verfilmung von Sven Regener’s Buch „Magical Mystery Tour“ für eine Szene zur Verfügung stünde, bei der der Protagonist Raimund das Set übernimmt. Da ich das Buch äußerst amüsant fand, nicht zuletzt weil es mich sehr an Szenen aus unseren Touren in den 90ern erinnerte, sagte ich natürlich gerne zu, nur sollte es dann natürlich auch so richtig authentisch sein und dazu gehört in meinem Falle unbedingt Camo. Also nach gut 20 Jahren mal wieder Tarnklamotten. Jawoll, die Größe paßt sogar noch, oder wieder. Damit wollte ich aber heutzutage nicht unbedingt fliegen, also zog ich die erst im Hotel über.

Zurück auf der Mayday blieb dann auch wieder nicht viel Zeit sich das alles mal so richtig anzuschauen, mittlerweile war es schon 2:00 und um 3:00 sollte mein Set auf dem Classic Floor anfangen. Dazu mußte man aber durch das drägelnde Geschiebe im vollgepfropften Umlauf ans andere Ende der Westfalenhalle. So kam ich zwar an einigen Floors vorbei, konnte aber nur einen kurzen Blick reinwerfen, ohne zu wissen welchen Floor ich da gerade passierte, geschweige denn wer da gerade für die Musik zuständig war, dafür kriegte ich viel Publikum mit. Auch das nach wie vor ein illusteres Völkchen, man kann jetzt da gar keine Homogenität ausmachen, vom Schlaghosenraver bis zum Cybergoth, von Normalo bis Druffi ist da wirklich alles vertreten und nichts davon dominiert, aber schräg wirkt das alles in der Masse allemal, sogar für mich. 20.000 sollen wohl da gewesen sein, für mich wirkte das viel mehr, zig riesige gefüllte Hallen und dazu noch die Völkerwanderung im Umlauf, das hätte auch gut das doppelte sein können.
Auf meinem Floor war gerade Dune dran, die älteren unter uns werden sich vielleicht noch an „Hardcore Vibes“ erinnern, vorher gab es Raver’s Nature. Da sollte ich dann ansetzen, auf den Sound war der Floor jetzt geeicht. Classics, das sagt sich so lapidar, kann aber nach 30 Jahren Elektronischer Musikgeschichte und in solch großem Rahmen für jeden etwas ganz anderes bedeuten. Die einen sind so jung, das Classics ab 2000 anfangen, andere assoziieren damit House, wieder andere Acid, auch die Begrenzung von 88-92 dürfte geläufig sein. Hier war es nun also Happy Hardcore, von wo aus ich ansetzen mußte, gar nicht so einfach! Ging aber.
Wahrscheinlich fluktuierte in den 2 Stunden der halbe Saal, aber ich kam mit meiner Definition durch.
Dann kam der lustige Teil mit der Schauspielerei, der Teamleiter stellte sich vor mit „Hallo, ich bin Jakob, du hast mal einen geilen Remix für uns gemacht.“ So viele habe ich ja nicht gemacht, trotzdem stand ich auf dem Schlauch, merkte er. „Icke & Er, ich war einer davon“ Ach! Nun war’s also soweit, die Szene Raimund übernimmt von Tanith das Set wurde aus 3 Positionen, also 3 Mal gefilmt und jedesmal klopfte ich dem geschauspielerten Raimund auf die Schulter und ging neben die Bühne und anstatt meinereiner zuckte da jetzt irgendeiner mit einer Platte rum. Die Gesichter im Publikum waren ein kollektives Errorzeichen, wußte ja keiner was da vor sich ging. Jetzt schon Wechsel? Wer ist die Type da? Huch, da isser ja wieder. Da siehste. Ne, schon wieder weg! Kurz, es war irgendwie fies, aber auch göttlich. So gingen die 2 Stunden natürlich sehr schnell vorbei und schon bauten Hardfloor ihre Gerätschaften auf. Während deren Set traf ich dann olle Lenny D neben der Bühne und freuten uns gegenseitig das wir noch am Leben sind, weil wir uns erinnerten in welchen Zuständen wir uns zuletzt gesehen hatten, was auch schon gut 20 Jahre her ist.


Für mich war’s dann auch vorbei, ich hätte mir gern noch Lenny’s erstes Traktorset angehört, vor dem er totalen Bammel hatte, weil erst vor einer Woche von CDJs umgestiegen, aber so nach einer Stunde in Hardfloor’s Set rief das Bett aus dem Hotel gegenüber ganz laut nach mir, was definitiv nicht der Musik von Hardfloor geschuldet war! Also Abgang von einer Mayday, die heute zwar eine ganz andere ist als damals und mit der ich mich musikalisch noch weniger als zu meinen Abgangszeiten damals identifizieren kann, aber Spaß hat das trotzdem mal wieder gemacht. Ob das für mich als Publikum so wäre möchte ich bezweifeln, aber da bin ich ja auch nicht unbedingt die Zielgruppe. Die jedenfalls schien ihn zu haben und das all diese verschiedenen Geschmäcker unter einem, zugegebenermaßen riesigen, Dach feiern, hat dann für mich in diesen Zeiten doch sowas wie Freude aufkommen lassen, weil es trotz aller Veränderung etwas bewahrt hat, was Techno eigentlich ausmacht: Toleranz.

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